Schwimmende Solar-Inseln liefern Strom und Treibstoff
Auf künstlichen Solarinseln könnte genügend Energie produziert werden, um damit den gesamten Güterverkehr der Welt CO2-neutral abzuwickeln. Die Gewinnung auf dem Meer macht auch aus einem anderen Grund ziemlich viel Sinn. Ein möglicher Prototyp liegt mitten in der Nordsee.
Mitten in der Nordsee, rund 100 Kilometer von der britischen Ostküste und 125 Kilometer von der dänischen Westküste entfernt, gibt es eine ausgedehnte Sandbank. „Doggerland“ liegt nur zwischen 13 und 30 Meter unter der Wasseroberfläche.
Diverse Firmen im Windenergie-Geschäft haben ein Auge auf diese Sandbank geworfen. Hier ließe sich mit vertretbarem technischen Aufwand eine künstliche Insel errichten, auf der dann nicht nur Windkraftanlagen, sondern zugleich elektrische Anlagen wie Transformatoren und Umrichter betrieben werden könnten. Zugleich könnte diese Insel als Verteilerkreuz für Windstrom aus Tausenden von Windrädern in der Nordsee dienen.
Diese Vision stammt von einem Konsortium, dem der deutsche Netzbetreiber Tennet, das dänische Energienet, der niederländische Ferngasnetzbetreiber Gasunie und die Betreibergesellschaft des Rotterdamer Hafens angehören. Hintergrund der Idee ist die Tatsache, dass der Bau neuer Windparks immer teurer wird, weil die Anlagen in immer größeren Wassertiefen errichtet werden müssen. Die Kosten für Fundamente, Anschlusskabel und Wartung steigen mit wachsender Wassertiefe.
Auch der Bau einer künstlichen Insel ist nicht gerade preiswert. Doch nach Berechnungen des Konsortiums würde sich das Inselkonzept rechnen, insbesondere, wenn man das künstliche Eiland als Energie-Drehscheibe für große Mengen an Windstrom nutzt, die über Gleichstromkabel verteilt würden. Windparks mit einer Gesamtleistung von bis zu 100 Gigawatt könnten von einer solchen Insel gemanagt werden. Gerade nicht benötigter Windstrom könnte vor Ort in Gas umgewandelt und gespeichert werden. Überdies wäre der Bau von Wohnhäusern für Wartungspersonal, ein Hafen oder gar eine Landebahn für Flugzeuge denkbar.
Die Sache hat nur einen Haken. Die Doggerbank ist ein Flora-Fauna-Habitat der EU und es dürfte massiven Widerstand von gegen eine Nutzung dieser Nordseeregion für windkrafttechnische Anlagen geben. Weniger problematisch dürften künstliche Inseln zur Energiegewinnung sein, wie sie sich Forscher der ETH Zürich und des Paul Scherrer Instituts in der Schweiz vorstellen. Sie haben in der Fachzeitschrift „PNAS“ vorgerechnet, dass auf dem Meer schwimmende Solarinseln genügend Energie produzieren könnten, um damit den gesamten Güterverkehr der Welt CO2-neutral abwickeln zu können. Direkt vor Ort soll mit dem von den Solarzellen erzeugten Stroms Wasser gespalten in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten werden.Doch bislang ist das Ganze ja erst eine Idee.
Mit dem so gewonnenen Wasserstoff und aus dem Meerwasser entnommenen Kohlendioxid könnte dann Methanol produziert werden. Dieser würde dann regelmäßig von Tankschiffen abtransportiert.
Eine solche „Methanol-Insel“ hat jedoch ihren Preis: Rund 80 Millionen US-Dollar würde der Bau einer solchen Chemiefabrik auf dem Ozean kosten, bestehend aus 70 Photovoltaikinseln und einem Schiff mit den Elektrolyse- und Syntheseanlagen.
Grundsätzlich ließe sich ein solches Konzept natürlich auch an Land realisieren. Die dafür benötigte Fläche von rund 170.000 Quadratkilometern ist aber so groß, dass es viel sinnvoller wäre, die entsprechenden Solaranlagen auf schwimmenden Inseln zu installieren. Neben dem Flächenargument spricht für einen Standort auf dem Meer auch die deutliche höhere Konzentration von Kohlendioxid im Meerwasser. Es enthält 125 Mal mehr Kohlendioxid als die Luft.
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